[24.1] Arche befrieden

Tagebuch des Oberin Sturmbund
Tagebuch des Oberin Sturmbund
[24.1] Arche befrieden
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Gespielt am: 12. September 2020

Für Finjan, der eigentlich nie vor hatte, Archenkapitän zu werden

Dies sind die Aufzeichnungen des Oberin Sturmbund von Vallusa zu Rhodenstein über den Zug ins Perlenmeer und den Krieg wider die Blutige See.

Was nach meinem Tod geschah, erfuhr ich zunächst nur durch die Erzählungen Anderer.

Noch während ich mich mit dem Admiral duellierte, brach Finjan – gewiss in bester Absicht – einen Streit mit dem Gefolge des Admirals vom Zaun. Er warf ihnen vor, ablenkend in den Kampf eingegriffen zu haben, was den Regeln des RONdra gefälligen Zweikampfs zuwiderlief. Wie nicht anders zu erwarten, schaukelte sich die Situation sogleich hoch, woraufhin Finjan es mit einem grünen Hünen zu tun bekam, der ihn mehrere Köpfe überragte. Der Kapitän griff sich das Erstbeste, was er in der Hand hielt, das Schwert der Herrin der Nachtblauen Tiefen – welches ich ihm im Vorfeld des Zweikampfs anvertraut hatte – um damit nach dem Hünen zu schlagen. Der Hieb muss den Kerl von Kopf bis Fuß gespalten haben, sodass seine zwei Hälften zuckend auf Deck klatschten. Finjan allerdings entglitt die Waffe vor Schreck über die Macht des Schwertes. Sie flog über das Deck, schlug auf und rutschte noch ein Stück weiter.

Das war ziemlich genau der Moment, in dem Admiral Rodgerd mich umbrachte.

Ebenfalls in just jenem Moment muss von NANdus weiß woher Silberhardt aufgetaucht sein. Das Schwert rutschte ihm regelrecht vor die Füße. Im Laufen griff er es sich, mit einem Satz ohne Zögern zum Admiral hinüberspringend, und hieb ihm voll unbändigen Zorns den Kopf von den Schultern, noch ehe er seinen Dreizack ganz aus meiner Kehle gezogen hatte.

Damit gehörte die Dämonenarche Gezeitenspinne uns!

Meinen Körper, der aus mir unerklärlichen Gründen noch am Leben war, verbrachte man in eine der Offizierskajüten. Die Herrin RONdra war offenbar nicht gewillt, mich bereits aus ihrem Dienst auf Dere zu entlassen.

Der Kapitän übernahm daraufhin das Kommando auf dem grotesken Ungetüm. Yelmiz hieß er, die gesamte Mannschaft auf dem Oberdeck zu versammeln. Den anhänglichen Neersander Landsmann Woltan Kolokewski ernannte er zu seinem ersten Offizier. Eine interessante Wahl.

Danach wurden noch einige der bisherigen Besatzungsmitglieder des dämonischen Konstrukts vorstellig.

Den Rest des Gefolges des Admirals, darunter den Schiffsmagier, ließ er ohne viel Federlesens über Bord werfen, noch gleich an Ort und Stelle.

Die Schlächter von Tisal, eine berüchtigte Söldnereinheit zu Wasser wie zu Land, hingegen erschienen, um ihre Dienste anzubieten. Ihr Anführer reizte Finjan allerdings, bis ihm nichts anderes mehr übrig blieb, als sich mit ihm zu duellieren. So kam er doch noch zu seinem Zweikampf. Ein epischer Kampf soll es gewesen sein, erzählt die Besatzung. Zu schade, dass ich das versäumt habe. Wie zwei Löwen umkreisten sie einander, bis der Söldnerführer zum Sprung ansetzte und Finjan mit sich zu Boden riss. Der Kapitän kam als Erster wieder auf die Füße, doch sein Gegner war flink. Noch im Aufstehen begriffen, versetzte er Finjan einen Schlag in den Magen und stach ihm dann ins Bein, während er Finjans Attacken geschickt auswich. Die Kämpfer schenkten einander nichts. Wieder fügte der Pirat dem Kapitän einen Schnitt am Bein zu. Danach musste er vor Finjans massiger Gestalt zurückweichen. Die Kontrahenten tauschten wuchtige Hiebe aus, doch keiner vermochte die Deckung des Gegners zu durchbrechen.

Längst stand ihnen der Schweiß auf der Stirn. Die Besatzung an Deck johlte. Plötzlich tänzelte der Schlächter zur Seite, Finjans Schlag ging daneben, er aber erhielt einen wuchtigen Schlag auf den Rücken. Vorwärts stolpernd unterlief sein nächster Hieb die Waffe des Söldners und revanchierte sich mit einem Schnitt ins Bein dessen. Mit einem gellenden Aufschrei taumelte der Schlächter von Tisal nun seinerseits vorwärts, direkt in Finjans aus der Deckung ausgeführten nächsten Schlag, der mit voller Wucht von oben herab sauste wie ein Hammer auf das ungeschützte Bein des Söldners niederfahrend. Der Aufprall, der einen Amboss gespalten hätte, zertrümmerte das Bein des Unglücklichen, schickte ihn auf die Planken, wo sein gellendes Geschrei plötzlich verstummte. Ein tödliches Ungeschick, das er an den Tag gelegt hatte, als er den Kapitän herausgefordert hatte. Unglücklich auch für uns, die Söldner waren verstimmt. Doch der Kapitän ließ sich vom Ungeschick des Schlächters nicht bekümmern. Ungerührt wandte er sich an die mittlerweile angetretene Mannschaft. Auch da wäre ich gern dabei gewesen, er muss sehr erhebende Worte gefunden haben. Nach all der Zeit habe ich es endlich geschafft, ihm etwas von der Kunst der Führung seiner Untergebenen zu vermitteln. Er stellte jeden vor die Wahl, mit uns auf der Gezeitenspinne weiter zu fahren, oder das Gefährt zu verlassen. Einen Tag Bedenkzeit sollten sie haben.

Tatsächlich tauchte auch der übergeschnappte Kerl wieder auf, den wir aus dem Kreis auf Deck befreit hatten. Den Kreis hatte Finjan übrigens abhacken lassen. Der Verrückte hatte doch tatsächlich seinen Spieß gefunden, mit dem er unumwunden den Mann abstach, der ihn in dem Kreis aufgehängt hatte, einen teiggesichtigen Piraten namens Bernd. Der Kapitän hatte alle Mühe, zu verhindern, dass sich unsere Leute und die bisherige Archenbesatzung nicht bereits jetzt gegenseitig an die Gurgeln gingen.

Nachdem das soweit geregelt war, inspizierte Finjan mit Yelmiz und Silberhardt den turmartigen Deckaufbau, der sich als Kapitänskajüte erwies. Darin eingekerkert entdeckten sie eine Necker. Eine echte Necker, noch etwas, das ich gern gesehen hätte. Man verpasst recht viel, derweil man tot ist. Ohne zu zögern hieb mein Bruder ihre Ketten durch und befreite das bedauernswerte Geschöpf. Der Kapitän ließ sie gehen. So schnell sie ihre wackeligen Beine trugen, eilte sie über das Deck und sprang von Bord, nicht ohne jedoch Finjan zuvor eine Strähne ihres Haares zu schenken.

Die drei erklommen die Stufen zum Geschoss oberhalb der komfortablen Kajüte des Kapitäns. Dort erwartete sie ein Kelch von klarer Schönheit, der bis zum Rand mit Wasser gefüllt war, welches den Raum in ein blaues Licht tauchte. Adern durchliefen den Raum. Finjan konnte sich der Anziehung des Kelches nicht entziehen. In seinem Bestreben, die Arche seinem Willen zu unterwerfen, tat er etwas Überstürztes: Er trat dicht an den Kelch heran und rief sich zum neuen Kapitän aus, Gehorsam von der Arche einfordernd.

Wie ein Blitz ereilte ihn eine Vision. Ein Mann namens Paligan erblickte ihn und machte sich auf den Weg zu ihm. Finjan wusste damit in jenem Augenblick nicht viel anzufangen, er wusste lediglich: Er kommt.

Im selben Moment verlangsamte die Arche. Der Ruf „Land in Sicht!“ ertönte von Deck. Der Kapitän und Yelmiz stürmten die Treppen wieder hinunter, zurück an Deck. Was mochte das für ein Land im Südwesten sein? Niemand wusste es. Rulat, mutmaßten manche.

Die Arche jedenfalls wanderte vorbei. Das Wasser zeigte sich seltsam verfärbt. Eine Meile entfernt entdeckten sie nun einen Strudel, ähnlich jenem vor Neersand. Dann blieb die Arche stehen. Wir saßen wie auf einem Präsentierteller fest. Keiner wusste, was wir dagegen tun könnten. Der Kapitän kehrte daraufhin zurück in den Turm, stieg wieder hinauf zu dem Kelch, fand dort aber niemanden. Silberhardt war nicht mit ihnen hinuntergekommen, er musste also noch weiter die Treppe hinauf gegangen sein. Denselben Weg schlug folglich Finjan ein.

Im obersten Raum der Arche erblickte er schließlich etwas, das an Absonderlichkeiten noch bei Weitem alles überstieg, das ihm an Bord des Monstrums zuvor begegnet war. Dort oben wuchs ein zweigeteilter Baum aus der dämonischen Kreatur empor. In jede Hälfte war eine Frau verwachsen. Vor diesem Baum erblickte er Silberhardt. Angesicht zu Angesicht stand er einer Frau mit langen dunklen Haaren gegenüber. Diese war gesprächiger als die andere, die vor Schmerzen nicht sprechen zu können schien. Der Kapitän richtete das Wort an sie, doch wusste er wenig mit dem anzufangen, was sie sagte. Bald überzeugte mein Bruder Finjan, ihm diese Angelegenheit zu überlassen. Unschlüssig kehrte der Kapitän daraufhin abermals an Deck zurück, nicht ohne einen letzten zweifelnden Blick auf diesen verstörenden Baum.

Soweit zu dem, was geschehen war, solange ich meinem Tod überantwortet blieb.

Aber dann kam der Moment, da ich zurückkehrte.

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