Gespielt am: 23. Januar 2021
Oberin überlässt es Finjan, sich mit Magnaten, Magiern und Marine herumzuschlagen und rüstet sich für seine eigene Queste. Um gegen die kommenden Widrigkeiten in der Blutigen See bestehen zu können, sucht er nach einem Meister, der ihn die letzten Geheimnisse des Speerkampfes lehrt. Seine Suche beginnt er im Festumer Firuntempel.
Wiewohl ein Gerbervietel stets zu den ärmlichsten Vierteln der großen Städte zu zählen ist, so sprach doch das Ausmaß von Armut, Krankheit und Tod, dessen wir auf unserem Weg gewahr wurden in einer erschreckend deutlichen Sprache vom Niedergang der einst stolzen und nun derartig derbe gebeutelten Stadt Festum. Der Tempel FIRuns hingegen stand immer noch trotzig da, windgebeugt, aber unverdrossen allem Unbill standhaltend, ausharrend, bis das Wetter sich drehen würde. Ein gänzlich anderer Anblick war dies als die steinernen Monumente, die wir anderen Göttern zu Ehren erbaut hatten – nicht weniger erhaben, doch von anderer Art, aufgeschichtet aus Lehm und Moos, mehr ein Zeugnis der Wildheit der Götter und ihrer rauen Natur als Sinnbild ihrer zivilisatorischen Kraft und ewigen Wacht über die Welt. Sogleich mochte ich diesen Hain des Gottes, obschon ich erkennbar in jenem Moment kein Teil seiner Sphäre war – doch ein willkommener Gast, wenn man die erdige Art FIRuns Willkommenheißen verstehen möchte. Denn zwar fand ich die Goblina im Inneren des Tempels sogleich, doch war sie noch mit einem Bruder ins Gespräch vertieft. Höflich wartete ich darauf, dass die beiden zu einem Ende fanden, doch der Sohn FIRuns, der mindestens so groß gewachsen war wie ich, wurde auf mich aufmerksam und erkundigte sich nach meinem Begehr. Als ich um ein Wort mit der Goblina bat, befand er, ich solle mich an ihn halten. Es sprach nichts dagegen, mein Anliegen hatte schließlich keinen persönlichen Bezug zu ihr und so würde ich mich nicht mit Orksippschaft gemein machen müssen. Also erklärte ich dem Sohn FIRuns, der seinen Namen nicht nennen mochte, mein Begehr, endlich das Potenzial meiner Speerkampfkunst zu komplettieren und dafür Anleitung zu suchen. Der Mann war schwer zu durchschauen und von etwas rauer Art, so wie ein moosbewachsener Fels, letztlich aber teilte er mir aber mit, dass die Kinder FIRuns den Speer allein zur Jagd, nicht für die Schlacht gebrauchen, doch gäbe es im Walgebirge im Osten jemand, der die Fähigkeiten beherrsche, die ich suchte. Diese Person solle ich aufsuchen. Zu diesem Rat gab er mir sein Pferd für die Reise mit und obendrein einen Führer, der mich durch die Wildnis zum Ziel geleiten solle.
All dies erschien mir wie eine Fügung des Schicksals, darum zögerte ich keinen Augenblick. Dankend nahm ich das Angebot an, kehrte nur kurz zu Rum & Grog zurück, um die notwendige Ausrüstung für das Unterfangen einzupacken und war sogleich wieder auf der Straße. Finjan hinterließ ich eine Nachricht, dass ich eine persönliche Angelegenheit erledigen musste, die einige Tage in Anspruch nehmen würde. Sein Auftritt am Morgen im Rat ließ mich ohne den geringsten Zweifel aufbrechen, die Belange unserer Unternehmung bei ihm in guten Händen zu wissen. Schließlich hatten wir bereits alles besprochen. Er musste es bloß noch ins Werk setzen.
Mein Führer traf nicht lange nach mir am gewiesenen Treffpunkt ein. Er war nicht, was ich erwartet hatte, denn dass man mir einen Goblin zum Reisegefährten gab, hatte ich unter keinen Umständen kommen sehen. Groggi nannte sich der Kerl und leugnete nicht, mit den widerwärtigen Orks verwandt zu sein, und ich beschied ihm meine Abscheu für seine Verwandten. Damit wusste ein jeder, woran er war, doch ganz offenbar hatte der wilde Gott uns hier zusammengeführt, und die Boten eines Gottes kann man sich eben nicht aussuchen. Diesen hier hätte ich mir jedenfalls nicht gewählt. Er allerdings hieß mich, einen Weg zu wählen, lang und unsicher oder weniger lang und noch unsicherer. Ich entschied mich für Letzteres, denn dies war wohl eine Fahrt, die nach dem Herzen FIRuns getan werden wollte.
So brachen wir nicht allzu lange nachdem das PRAios Rad den Zenit überschritten hatte, auf zu unserer Fahrt, von der ich nicht als derselbe zurückzukehren gedachte.
Als wir lange nach Einbruch der Nacht das letzte Dorf für diesen Tag passierten, war mir längst klar, dass wir den Weg zurückritten, der uns erst zwei Tage zuvor zum Tor Festums geführt hatte. Mein Herz drängte weiter, so viel des Weges wie möglich wollte ich heute hinter uns bringen, denn andere Taten erwarteten mich. In der Ferne vernahm ich die rollenden Wogen der Blutigen See wie Totenschädel, die sich in endlosen Fluten an die Küste ergießen. Soprieten lag hinter uns, der Himmel blieb verhangen von bauchigen Wolken und vom Meer fuhr uns ein scharfer Wind in die Glieder. Bald setzte heftiger Schneefall ein, Eiszapfen bildeten sich an unserer Kleidung und ich konnte mich kaum noch auf dem Pferd halten, so steif gefroren fühlten sich meine Glieder an. Das Wetter war selbst für meinen angeblich höchst ortskundigen Führer zu viel. Das Beste, was wir in der weißen Nacht noch fanden, war ein nicht ganz so dürrer Baumstamm, an den wir uns lehnen konnten. Viel zu rasch kam ich dieser pelzigen Kreatur näher als ich jemals würde eingestehen wollen, aber entweder das, oder ich würde nie wieder irgendetwas gestehen. Ich hörte FIRuns hallendes Lachen im Wind.
