Gespielt am: 14. November 2020
Während das Bornland einen der schlimmsten Winter seit Jahrhunderten durchmacht, schleppte sich die neue Mannschaft der Gezeitenspinne von der Großen Mosse, einem Moor an der Festumer Bucht, dessen Weitläufigkeit die Arche ausreichend tarnt, bis in das frierende Festum, um dort Rat zu halten.
Festum empfing uns in anderer Aufmachung, als ich es mir erwartet hatte. Die Härten unserer Zeit haben ihre Zähne nicht minder tief in diese Handelsstadt getrieben denn in anderen Teilen des Bornlandes und darüber hinaus. Der Unterschied war bloß, wie wir noch erfahren sollten, dass in einer solchen Handelsstadt alles noch zu bekommen war, sofern man genügend klingende Münze mit sich führte. Für die Mehrzahl ihrer Einwohner aber galt dies nicht. Entsprechend verlassen und trostlos empfing uns die Vorstadt und was wir auf unserem Weg ins Herz der Stadt am häufigsten beobachteten, waren diese Goblins, die hier oben nicht selten in den Menschenstädten anzutreffen sind. Mit Glocken streiften sie durch die Straßen und verlangten nach den Toten, die ihnen auf ihre Karren gelegt wurden. Die Stadt lag im Sterben, so wirkte es, von schwarzen Ranken erdrosselt.
Jasper wandelte alsbald davon, gnädig genug uns zuvor noch ein Gasthaus zu weisen. Mir wär´s recht gewesen, ihn nie wieder zu sehen, doch wusste ich zu gut, den Gefallen würde er uns nicht tun. Uns andere nahm die Taverne zu Rum & Grog im Perraine Dorf auf. Kein Vergleich zum Esche & Kork, doch nach den zurückliegenden Tagen eine geradezu stattliche Unterkunft. Allein, zu Essen gab es hier nichts, dafür reichlich zu trinken, obschon der Fusel, der hier serviert wird, für kultivierte Kehlen teils ungenießbar ist. Nicht dass der Kapitän sich daran gestört hätte und auch Kermol vergnügte unser Umtrunk, bei dem wir uns nach den vorangegangenen Strapazen einen Abend lang nicht so ernst gaben. Leta indes ging gleich zu Bett, ihr schien das furchtbar unangenehm zu sein, obwohl mir unklar blieb, wieso. Eine Gelegenheit, sie danach zu fragen, bekam ich nicht. Yelmiz mischte sich lieber unter die anderen Gäste der Schenke. Xindan mochte nichts trinken, was wohl die klügere Wahl gegenüber Yaruslaus war, der ziemlich schnell vom Stuhl kippte. Hätte nicht gedacht, mal einen Söldner zu treffen, der keinen Alkohol verkraftet. Bald aber fühlten wir alle die Müdigkeit bleischwer in den Knochen und begaben uns in unsere Zimmer. Es wurde eine ausgenommen ruhige Nacht, ganz so, wie Kapitän Finjan es angeordnet hatte.
Am Morgen des 8.FIRun warteten schon wieder die ersten Angelegenheiten auf uns. Kaum dass wir uns zur Überlegung unserer Aufgaben in der Schenke zusammengefunden hatten, kam Yelmiz von einem frühmorgendlichen Erkundungsgang zurück, währenddessen er Blutschluck gesehen hatte, der offenbar nach Norden in Richtung des RONdra Tempels eilte. Ich hätte ihn liebendgern eingeholt, ehe er dort anlangte, weswegen ich mich sogleich auf den Weg machte, wenngleich dieses Bestreben wohl müßig war. Finjan begleitete mich.
Mit der Hilfe eines Goblins fanden wir den RONdra Tempel zwar zügig, trafen aber dennoch erst ein, als Blutschluck gerade unter herben Beschimpfungen Abschied von einem meiner Schwertgeschwister nahm, der bereits geahnt hatte, wer Finjan und ich waren. Er bestätigte uns, dass der KOR Geweihte frei von jeglicher dämonischer Einflüsterung war, dass das aber wohl das einzig Gute war, was sich von ihm sagen ließ. Ganz offensichtlich fand Blutschluck überall rasch neue Freunde. In der Hoffnung, noch ein paar Auskünfte zu erhalten, betraten wir gemeinsam den Tempel. Hier hatte ich immerhin Gelegenheit, ein fünf Meter hohes Schlachtengemälde zu bewundern, ehe mich das Gespräch zu sehr einnahm. Denn mein Schwertgeschwister war zwar gewillt, uns weiterzuhelfen, jedoch misstrauisch genug, nicht über gewisse Ungereimtheiten in unseren Auskünften hinweg sehen zu wollen. Da wir es aber für besser hielten, gewisse Dinge für uns zu behalten, schieden wir einstweilen aus dem Tempel. Allerdings nur, um direkt davor von der Stadtwache ergriffen zu werden.
Es scheint, als seien der Kapitän und meine Wenigkeit bereits bekannt genug, nicht mehr ohne Aufsehen zu erregen, eine größere Stadt aufsuchen zu können.
Zuerst erboste mich das Gebahren der Wachen, bis die Parallelen zu unserer Begegnung in Kunchom unübersehbar wurden. Wir ließen uns also auch in Festum festnehmen.
Finjan schimpfte die ganze Zeit über wie ein Rohrspatz, und ich war mir nicht sicher, ob er den gleichen Schluss wie ich gezogen hatte. Ob ich dabei richtig lag, war noch eine ganz andere Frage. Mittlerweile hatten wir uns unzweifelhaft einige Feinde gemacht, einige gewiss einflussreich und eine Anklage gegen uns zu finden, sollte inzwischen ein Leichtes sein. Mir wurde klar, dass wir auf direktem Weg waren, genauso ausgestoßen und vogelfrei zu sein wie die treue Besatzung der Seeadler von Beilunk. Nur dass unsere Verbrechen als noch viel grauenvoller und unentschuldbarer gelten würden, sollte es jemals dazu kommen, dass uns dafür der Prozess gemacht würde.
