Briefesammlung nach dem Verlassen Perricums

Am 18.Hesinde in Khunchom einem einfachen Boten übergeben.

Liebste Thalionmel,

erneut sind wir aufgebrochen, wir haben Perricum verlassen, doch was bedeutet es schon, wo ich gerade bin? Ich bin getrennt von Euch und immer weiter fort und in meinem Herzen fürchte ich, so wird es lange bleiben. Nicht länger will ich darum schreiben, wo wir gerade sind und mich lieber nicht gar so weit von Euch entfernt wähnen, fehlendes Stück meines Herzens.

Pericum war …
… ich habe die Löwenburg besucht und den Tempel der Göttin gesehen und alle meine Hoffnungen sind weit übertroffen worden. Ich bin jetzt froher und ganz erfüllt von der Begegnung, der Begegnung mit diesem Ort, der Begegnung mit meinen Schwertgeschwistern, der Begegnung mit der Göttin. Dieses Stück meines Herzens fließt über und so vieles aus dieser Nacht wollte ich Euch berichten, allein Worte auf Pergament gebannt können nicht wiedergeben, was ich erfahren habe und mit Euch teilen möchte.

Ich hoffe auf einen Tag, da wir wieder vereint sind, und da wir selbst im Rausche uns wiederfinden, wie in der Nacht unseres Abschieds, damit ich in der Lage sein werde, immerhin einen Teil dieser Erfahrung in Eure wundervollen spitzen Ohren flüstern zu können. Wie sehr Ihr mir fehlt! Wie sehr Ihr mir fehlt, liebste Thalionmel!

19.TRAvia 33 Hal

Liebste Thalionmel,

Was wisst Ihr über Vorzeichen, liebste Thalionmel? Bisher glaubte ich an die Wege unserer Göttin, die uns zu den Herausforderungen führt, deren wir uns als würdig erwiesen haben, damit wir uns erneut vor ihr beweisen können; das war alles. Aber heute Nacht habe ich etwas gesehen, das ich nur als Botschaft an mich verstehen kann.

Ich … Es … Ich will nicht mehr davon schreiben. Ich wünschte bloß, aber vielleicht ist es besser, dass ich derzeit Hunderte Meilen von Euch entfernt bin. Dieser Krieg, ich weiß nicht, ob ich zu Euch zurückkehren kann, ehe er gewonnen ist.

20.TRAvia 33 Hal

Liebste Thalionmel,

ich muss Euch eine Geschichte berichten, die Ihr mir niemals glauben werdet, aber ich versichere Euch, jedes Wort ist wahr.

Finjan und ich waren mit Nachschub für unser Schiff an der Küste unterwegs, als unser Weg plötzlich von zwei Trollen versperrt wurde. Ja, Ihr habt richtig gehört, zwei waschechte Trolle, die hielten uns an. Rätsel wollten sie uns keine aufgeben, wie man es von diesen Wesen zuweilen hört, vielmehr verlangten sie unsere Hilfe, weil ein „Großes Flügel“ ihr Heim, eine geräumige Höhle in der Felswand zu seinem neuen Hort erkoren hat. Wir wollten ihnen gerne helfen, allein schon, weil wir keinen Ärger mit Ihnen haben wollte. Doch habt Ihr schon einmal versucht, mit Trollen eine Unterhaltung zu führen?

Wenn ich so an die Zeit in Eurer Gaststube zurückdenke, will mir scheinen, Ihr wäret in der Lage, selbst einem Troll ein Bier zu verkaufen – ob er Bier trinkt oder nicht. In Ermangelung Eurer kommunikativen Kompetenzen ist es mir jedenfalls nicht ganz gelungen, mich den Trollen verständlich zu machen, so scheint es wenigstens. Denn mein Angebot, die Situation einmal vorsichtig und leise auszukundschaften, versetzte die beiden Trolle in solche Verzückung, dass sie sich Finjan unter den Arm, klemmten, wortwörtlich, und mit Hurra in ihre besetzte Behausung stürmten, oder wie immer man das Kampfgebrüll der Trolle bezeichnen mag. Das lief nicht wie geplant, aber was sollte ich machen?

Das mein Plan, der da gerade in die Binsen ging und ich konnte Finjan ja nicht hängen lassen, von den Trollen ganz zu schweigen. Meinen Speer zur Hand folgte ich ihnen daher in die Trollhöhle, in der wir – mit Eurem klugen Verstand habt Ihr gewiss sogleich erraten, was ein „Großes Flügel“ ist – einen ausgewachsenen Drachen vorfanden, locker doppelt so groß wie dieTrolle. Heija, gab das eine Keilerei! Ein Spektakel muss es gewesen sein, das selbst die Heldenbühne noch übertraf! An der Seite der hünenhaften Trolle schlug ich auf den Drachen ein, der selbstverständlich zurückschlug – und hey, konnte der austeilen! Und einstecken. Und wer glaubt Ihr, hat den Tag gerettet?

Nein, diesmal war nicht ich es, diesmal gebührt die Ehre ganz Finjan, der mit seinem Bogen über unsere Köpfe hinweg einen Pfeil ins Auge des Drachen schoss, ein Glanzstück, wie es einem Meisterschützen zur Ehre gereichen würde! Nahezu geschlagen erhob sich der Drache von seinem Felsen in die Lüfte, um aus der Höhle zu fliehen. Knapp hinter Finjan, den sein peitschender Schwanz Finjan bloß knapp verfehlte, setzte er wieder auf dem Boden auf. Finjan ließ seinen Bogen fallen, fuhr herum, riss sein Schwert aus der Scheide und setzte dem Drachen nach. Doch war er zu langsam, um ihn einzuholen, genau wie ich und die Trolle.

Schon war er aus der Höhle und hielt nun auf unseren Proviantkarren zu – ausgerechnet! Für den Drachen waren die Trolle zu langsam, aber nicht für Finjan. Und Ihr werdet es nicht glauben, so packte ein Paar Trollhände Finjan unerwartet von hinten unter den Schultern und warfen ihn in hohem Bogen hinter dem Drachen her! Ein Bild für die Götter war das, Thalionmel, Ihr hättet es sehen sollen! Und dieser unglaubliche Tausendsassa bringt es sogar fertig, sein Schwert fest zu packen und gleich einer wütenden Hornisse auf den Drachen niederzusausen, während die Klippen vom Gebrüll der Trolle widerhallten: „Wimmelkrieger!“

Nun richtet eine Hornisse, so wütend sie auch sein mag, eher wenig gegen einen Drachen aus. Finjan erging es kaum besser. Sein Schwert stach nicht, sondern glitt an den Schuppen des Drachen ab, woraufhin er über den Flügel des Biests davon segelte. Aber immerhin hatte er den Drachen mit diesem einmaligen Manöver so verwirrt, dass der für einen Moment die Orientierung verlor. Genug Zeit für mich, ihm meinen Speer ein weiteres Mal in den Leib zu stoßen und für Finjan, einen letzten tödlichen Streich gegen das Untier zu führen. Ganz knapp vor den Karren bohrte sich die Schnauze des Drachens in den Sand! Finjan war in Drachenblut gebadet, was wir gleich darauf alle waren, denn die herangekommenen Trolle zerhackten den Drachen noch eben – nur zur Sicherheit. Wäre ich von der Hitze des Drachen nicht so versengt worden, hätte ich beim Anblick dieser Szene Tränen gelacht.

Ehe wir unseren Weg fortsetzten, schwor Finjan den Trollen ewige Freundschaft, zumindest vermute ich, sie haben es so aufgefasst.

23.TRAvia 33 Hal

Liebste Thalionmel,

wenige Tage erst sind wir nun auf See und doch kommt es mir wie Wochen vor.

Versteht mich nicht falsch, es ist nicht so, dass mir der Dienst an Bord nicht zusagen würde. Abermals bin ich dabei als Bordgeweihter angeheuert und unser Schiff, die Seeadler, ist so eindrucksvoll, wie man es sich nur vorstellen kann. Nicht minder eindrucksvoll ist die Mannschaft unter dem Ehrfurcht gebietenden Rateral Sanin XVII., so dass es hier jederzeit etwas zu tun, zu lernen oder jemanden gibt, der eine gute Geschichte zu berichten weiß. Tatsächlich gab es in diesen wenigen Tagen aber nicht nur die alltägliche Arbeit an Bord, sondern wir bekamen es obendrein mit Untoten wie Piraten gleichermaßen zu tun. Auch haben wir uns endlich unserer ersten Dämonenarche zum Kampf gestellt. Allein, mich bekümmert, dass ein Schwert RONdras auf der offenen See nur von geringem Nutzen beim Kampf gegen diese widernatürlichen Konstrukte ist.  Dieser Kampf wird vorwiegend aus der Distanz mit Schusswaffen geführt. Zwar handelt es sich bloß um dämonisches Gezücht, sodass es nicht das Missfallen der Göttin erregen wird, doch bin ich in solchem Kampf wenig von Nutzen. Ich habe Zweifel, ob der Krieg auf See wirklich mein Geschäft sein kann.

Finjan andererseits bekommt dieses Schiff ungemein gut. Endlich hat er sich als Offizier in die Mannschaftsliste eingetragen! Schon zuvor hat sein selbstloser Einsatz in der Schlacht das Schiff gerettet.

Gleichwohl, es gelang uns bei dieser Begegnung nicht, den Feind zu vernichten, und je mehr ich hier an Bord über den Kampf wider die Blutige See erfahre, desto mehr fürchte ich, dass dieser Krieg auf völlig unabsehbare Zeit andauern wird. Meine Hoffnungen, Euch bald wiedersehen zu können, schwinden. Bis ich Gelegenheit dazu erhalte, mögt Ihr mich bereits vergessen haben, meine Liebste oder es gar satt sein, auf die Rückkehr eines Mannes zu harren, der sein Leben dem Schwert verschrieben hat. Selbst die Langlebigkeit Eures Volkes mag nicht ausreichen, Euer Interesse wach zu halten, wenngleich diese wenigen Momente mit Euch zu meinen kostbarsten Erinnerungen zählen.

Gibt es irgendeine Aussicht für uns, Thalionmel?

Vielleicht mögen die Erzählungen meiner Abenteuer Euch weiter auf meine Rückkehr harren lassen, und was bleibt mir anderes, Euch nahe zu sein, gleichwohl dies wenig genug ist, wo mir die Wärme Eures Leibes noch so sehr auf der Haut liegt und ich um das Leuchten hinter Euren Augen weiß, ohne es wirklich sehen zu können.

Voller Ungewissheit, Euer Oberin Sturmbund

24.TRAvia 33 Hal

Liebste Thalionmel,

auf dieser Reise habe ich bereits viele Wunder und Schrecken gesehen, dir Ihr mir wohl kaum glauben könntet oder über die ich zumindest jetzt lieber nicht sprechen mag. Könntet Ihr mir glauben, wenn ich Euch berichte, dass die Zauberer an Bord unser Schiff sogar haben fliegen lassen? Ich kann es ja selbst kaum glauben. Und auf unserem Weg stießen wir in einer Bucht gar auf Überreste der Phileasson Expedition, die zurückgelassen wurden. O, ich wünschte Ihr könntet jetzt hier bei mir sein, in dieser Bucht, in diesem Zelt, und wir könnten gemeinsam Aventurien erforschen!

Wenn bloß das ganze Paktierer Pack und alles dämonische Gezücht bereits von Dere getilgt wäre! So bleibt mir nur, Euch in diesem Moment des Friedens besonders stark zu vermissen. Blass bleibt die Hitze der Sonne auf meinem Gesicht, da ich Eurer Zuneigung doch entbehren muss.

Ich kann nicht einmal sagen, wann Euch diese Briefe wohl erreichen könnten, denn bald werden wir Maraskan betreten, und ich vermag nicht zu sagen, wie lange unser Aufenthalt in seinen Dschungeln dauern mag. Doch seid ohne Sorge. Ich weiß nicht, was Ihr über Maraskan gehört habt, doch seine Dschungel werden mich nicht für immer von Euch fern halten. Ich werde sie betreten und ich werde sie auf meinem Weg, der mich eines Tages zu Euch zurück führt, wieder verlassen.

Entschlossen, Euer Oberin Sturmbund

P.S.: Ich füge Euch die Abschrift eines Gedichtes bei, in dem ich Euch eine Hai-Jagd schildere, welche die Mannschaft zusammen unternommen hat. Das war unser stolzester Tag an Bord bisher.

25. TRAvia 33 Hal

Liebste Thalionmel,

wir sind heute auf Maraskan angekommen. Alles ist hier unglaublich laut, die Leute sind überaus redselig, die Farben unwahrscheinlich intensiv. Habt Ihr schon einmal ein Grün gesehen, das rot wirkt? Bier brauen können die Leute hier allerdings nicht. Das Gesöff, das hier in die Humpen fließt, würde man in Havena nicht einmal nehmen, um die Straßen zu reinigen, geschweige denn, dass es für trinkbar gehallten würde. Das Essen wiederum ist so würzig, dass es einem ein Loch in den Bauch brennt. Ach, wie ich die heimelige Gastfreundschaft im Esche & Kork vermisse!

Wir waren hier auch wieder im Theater, doch es war gar kein Vergleich zur Heldenbühne! Dem Stück zu folgen war völlig unmöglich und etwaiges Vorwissen über den Inhalt hat es nur verwirrender gemacht. Im Übrigen begeistert man sich hier sehr für blutige Spektakel. Tatsächlich bin ich froh, dass Ihr hier nicht bei mir seid. Lieber führe ich Euch nach Gareth aus als in diesen vermaledeiten Hexenkessel. Ich hoffe, nicht alle Orte auf Maraskan werden so sein, aber in diese Stadt werde ich nie wieder auch nur einen Fuß setzen!

Froh, Euch in sichereren Gefilden weilend zu wissen, Euer Oberin Sturmbund

28.TRAvia 33 Hal

Teuerste Thalionmel,

ich wünschte, Ihr wäret hier. Ich habe es so sehr nötig, von Angesicht zu Angesicht mit Euch zu sprechen. Das was geschehen ist, was wir getan haben … ich vermag nicht, es in Lettern zu fassen. Ich … ich kann nicht. Ich weiß nicht, ob ich Euch je wieder unter die Augen zu treten vermag. Ich habe versagt, Thalionmel. Ich habe in meinem Glauben, vor den Menschen und vor der Göttin versagt. Und wenn Ihr wüsstet, was ich getan habe, wäret Ihr so enttäuscht von mir. Ich glaube nicht, dass Ihr mich jemals wiedersehen wolltet. Aber das ist nicht der Grund … Ich kann es einfach nicht schreiben, nicht Euch, nicht jetzt. Wenn Ihr nur hier wäret, mein letztes Licht in der Roten Nacht! Nein, bloß nicht, kommt nicht her. Dieser Ort, er verdirbt alles. Etwas wuchert in Maraskan und es wuchert hier auch in uns.

Ich versprach Euch, aus dem Dschungel zurückzukehren, das werde ich.

Aber was wird zurückkehren, Thalionmel? Was wird zurückkehren?

2.BORon 33 Hal

Teuerste Thalionmel,

seid gewiss, ich werde Zeugnis ablegen. Einst werdet Ihr alles erfahren, wenn Ihr das wünscht. Aber für den Moment sind die Dinge unaussprechlich geworden in diesem Roten Dschungel.

Der Dschungel … Der Dschungel

RONdra Geweihter Oberin Sturmbund

4.BORon 33 Hal

Liebste Thalionmel,

seit meinem letzten Brief sind viele Wochen vergangen, in denen sehr viel geschehen ist, allein, ich vermag es nur schwer in Worten wiederzugeben und die könnten Euch bloß von düsteren Abenteuern berichten. Wenn Ihr sie hören wollt, so will ich sie Euch lieber Auge in Auge mit Euch berichten, nicht auf Papier gebannt. Alles, was Ihr wissen müsst, ist, das Finjan und ich mit fast allen Mitgliedern unseres Expeditionstrupps von Maraskan entkommen sind und wir nun wohlbehalten in Kunchom weilen.

Thalionmel, wir haben einen großen Sieg errungen!

Doch nun drängt bereits wieder die Zeit, Finjan und mir obliegt es jetzt, ein großes Unglück abzuwenden. Wir brechen schnellstmöglich mit unserem eigenen Schiff, zu dem wir gelangt sind, nach Vallusa auf, dem Ort meiner Geburt. Für diese neuerliche Expedition gilt es noch viel vorzubereiten und so müssen ausführlichere Schilderungen der letzten Ereignisse warten.

Nur eins möchte ich Euch hiermit unbedingt mitteilen: Wir sind in Kunchom nicht nur zu einem Schiff, sondern auch zu einem Kontor gelangt. In Zukunft werden wir also von Zeit zu Zeit hier weilen, während wir diesen langen Krieg wider die Blutige See ausfechten. So Ihr denn wollt, seid Ihr damit endlich in der Lage, mir Nachrichten und Antwort auf meine Briefe zukommen zu  lassen. Verzeiht, dass es so lange gedauert hat, bis meine Briefe Euch erreichen, nur war es mir in den langen blutroten Wochen von Maraskan unmöglich, die Briefe an Euch weiterzuleiten. Doch jetzt wird alles besser. Der Leutnant und ich sind nun unsere eigenen Herren mit einem eigenen Schiff, bereit dem Dämonengesindel den Zorn der Götter zu lehren!

Große Zeiten liegen vor uns Thalionmel und doch würde mich nichts glücklicher machen, als einmal mehr im Esche und Kork einzukehren – und bei Euch.

Euer Oberin Sturmbund von Vallusa zu Rhodenstein

16.HESinde 33 Hal

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