Gespielt am: 12. Oktober 2019
Nach allzu kurzer Rast in der altechsischen Ausgrabungsstätte Ssel’Althach ist es für den Expeditionstrupp wieder an der Zeit, seinen Weg fortzusetzen. Trotz Finjans Sieg in einem von Oberin geforderten Ehrenduell wegen des Vorfalls in Boran, hat Oberin ihm nicht verziehen. Mit neuer Verstärkung durch die junge Magierin Alima dringt der Trupp nun wieder in den Dschungel ein.
10.BORon 33 Hal, Dschungel von Maraskan, ein Dorf der Maraskaner
Zügig brachen wir auf und ließen die Grabungsstätte Ssel‘Althach nicht ohne ein deutliches Bedauern zurück. Wieder drangen wir in den Dschungel ein und er hieß uns willkommen mit seiner Umarmung aus Schlingpflanzen und Abertausenden von Insekten, von denen das Expeditionslager, so wundersam frei gehalten worden war. Doch er hatte weit Schlimmeres an diesem Tag für uns vorgesehen. Dass das Praiosmal über uns grün wurde, war nur ein erster Gruß, ein Hohn, mit dem diese Insel uns verspottete. Die Pflanzen sind rot und die Sonne grün. Aber selbst Alima, die immerhin eine Zeit lang auf Maraskan gelebt hatte, wusste nichts von diesem Phänomen. Sie ging vor mir in unserer Reihe, der ich den Abschluss unserer Gruppe bildete, wo ich die neugierige Frau im Augen behalten konnte, die überall hier und da am Wegesrand umherspähte, als suche sie etwas.
Stunde um Stunde quälte sich die Gesellschaft so durch den Dschungel. Nur zu gut erinnerten sich unsere Körper an die Strapazen und es schien nie eine erholsame Rast in Ssel‘Althach gegeben zu haben, da ließ Finjan plötzlich anhalten.
Gewohnheitsmäßig duckten wir uns ab, bis auf Alima, die ich mit hinunter ziehen musste. Finjan beorderte mich nach vorn und Alima hatte es wohl sehr wörtlich gemeint, sich an mich zu halten, denn ungefragt lief sie mir einfach hinterher. Der Neersander deutete auf etwas, das einige Dutzend Schritt vor uns an einem Baum war. Er hatte recht, das sah aus, wie maraskanische Kleidung. Mit Dynar ging er nachsehen, worum es sich handelte. Als sie wiederkamen, waren ihre Gesichter aschgrau. Wie ich mich gleich darauf selbst überzeugen konnte, hatten sie unsere maraskanische Führerin Emira-Missabu gefunden, mit grausamer Gewalt kopfüber auf eine Wurzel an einen Baum gespießt. Sie bot einen furchtbaren Anblick.
Um den Baum herum war ein Symbol der RONdra Kirche mit Astwerk ausgelegt worden.
Welch Frevel! Was war dies für ein schändliches Spiel?
Es war Alima, die mich darauf aufmerksam machte, dass dieses Symbol bei genauer Betrachtung eindeutig ein Zeichen Anti-RONdras war. Natürlich, sie hatte recht!
Diese Insel schlug Finjan gleich mir mit Blindheit. Nur gut, dass die Göttin Alima zu mir geschickt hatte, um mir die Augen wieder zu öffnen, die so verklebt waren von all dem unschuldigen Blut, das wir vergossen hatten.
Emira-Missabu war aufgespürt und getötet worden und dieses Zeichen des Frevels am Boden war womöglich als Warnung für uns gedacht. Immer mehr schien es, als würden wir verfolgt. Und nun steckten wir in schlimmen Schwierigkeiten. Ohne Maraskenführer würden wir niemals über die Berge gelangen, wie Geron betonte. Zurück aber konnten wir nicht. So sehr hatten wir auf die freundliche und fröhliche Maraskanerin vertraut, dass wir uns gar nicht hatten vorstellen können, ohne sie zurecht kommen zu müssen. Jetzt aber mussten wir wohl oder übel alleine einen Pfad durch den Dschungel finden und anschließend einen dieser geheimnisvollen Maraskenführer auftun. Zuvor jedoch musste Emira-Missabu bestattet werden. Finjan, Dynar und ich übernahmen das, um den anderen ihren schrecklichen Anblick zu ersparen. Die Nachricht von Emira-missabus Tod, die gerade die Runde machte, sorgte auch so für genügend Unruhe. Während wir dabei waren, das Grab auszuheben, tauchte Alima schon wieder auf, und erinnerte mich daran, dass die Maraskaner ihre Toten nicht beerdigten, sondern im Freien aufbahrten und der Wildnis überließen. Wir hielten inne. Was sollten wir tun?
Da fiel mit einem Mal die Temperatur rapide ab, es wurde eisig kalt, schwarze Eiskristalle bildeten sich überall um uns her, die Luft blieb uns weg.
„Was ist das?“, raunten die Männer.
Wir sprangen hinüber zu den Anderen. So rasch, wie es gekommen war, verging es wieder, das Schwarze Eis taute, die Wärme kam zurück. Etwas wie eine schwarze schattige Welle lief durch den Dschungel und bewegte sich fort. Das musste eine dieser dämonischen Manifestationen sein, die das Innere Maraskan plagten.
Wir durften uns nicht länger hier aufhalten. Ich hoffte, es war in Emira-Missabus Sinne, dass wir sie, so gut wir ihre Sitten eben kannten, aufgebahrt im Dschungel zurückließen.
Wir anderen zogen weiter, bis wir überraschend irgendwann am Nachmittag aus dem Dschungel heraustraten und uns in Reisfeldern wiederfanden. Nah bei war ein Dorf der Maraskaner. Mit Finjan und mir ging Alima, um zu sehen, ob wir hier gefahrlos rasten konnten. Tatsächlich wurde gerade ein Fest gefeiert, bei dem sich die Leute hier mit einem Sud aus zerdrückten Käfern die Haare in bunte Farben färbten. Gefahr schien keine zu drohen und unsere Gesellschaft wurde freundlich aufgenommen, wie es die Art der Maraskaner ist.
Bald erfuhren wir, dass unsere Expedition kein echtes Geheimnis mehr war, und dass uns die Bluthunde aus Boran auf den Fersen waren. Dennoch konnten wir uns glücklich schätzen, denn wie es der Zufall, das Schicksal oder die Götter wollten, hielt sich im Dorf gerade ein Maraskenführer auf, der bereit war, uns zur Endurium Mine zu führen. Seltsamerweise erwartete er dafür nicht einmal einen Lohn; es sei seine Aufgabe, beschied er uns.
Er verschwand im Dschungel und tauchte nach einer Weile mit einem vollkommen seltsamen Geschöpf wieder auf. Es gemahnte mit seinen acht Beinen und dem haarigen runden Leib an eine Spinne, war aber mindestens so groß wie ein Schwein. Sein Kopf besaß zwei große Facettenaugen und Beißwerkzeuge, die einen schaudern lassen konnten. Überragt wurde es allerdings von dem insektenartigen, segmentierten Schwanz, der ihm aus dem Hinterleib wuchs und in einem langen Stachel auslief, der über seinem Rücken auf und ab schwang. Unverkennbar beunruhigte das Geschöpf die Männer und Frauen unserer Expedition und alle machten einen großen Bogen darum. Wir hatten alle von der Gefährlichkeit der Maraske gehört und ihr Anblick war wahrlich einschüchternd. Dennoch, ich fand, dass dieses Wesen von großer Schönheit war.
Irgendwann endete das Fest. Wie ich bemerkte, waren Alimas Haare nun kunterbunt und da war sie nicht die Einzige in der Gruppe. Ich schüttelte den Kopf, aber irgendwie passte es zu ihr und wenigstens war sie den Säugling losgeworden, den man hier herum gereicht hatte. Alima war es auch gewesen, die den Maraskenführer unter den Maraskanern entdeckt hatte. Immer mehr verstärkte sich mein Eindruck, dass sie von RONdra zu uns geschickt worden war.
Als es ruhig im Dorf wurde, legte auch die Mannschaft sich zum Schlafen hin.
Früh am nächsten Morgen würden wir unter Führung der Maraske aufbrechen.