Gespielt am: 19. Oktober 2019
Mit Mühen konnten den gefangenen Karmoth-Gardisten die notwendigen Informationen entrungen werden. Nun sind alle Siegel gebrochen und das Eindringen in die Mine steht unmittelbar bevor. Die Rückkehr ist ungewiss…
23.BORon 33 Hal, Dschungel von Maraskan
Weit vor dem Morgengrauen erhoben wir uns.
Möglichst früh wollten wir die Mine erreichen, um uns wenigstens noch bei Tageslicht einen ersten Eindruck vom Gelände verschaffen zu können.
Wir rüsteten uns zum Aufbruch.
In diesem Fall bedeutete dies für Finjan und mich zunächst, unsere Haare und Bärte abzurasieren, um uns einigermaßen unkenntlich zu machen. Der prächtige Neersander ging die für die Seele schmerzhafte Angelegenheit mit seiner üblichen spöttischen Art an, mit der er sich gegen alles und jeden im Leben zu wappnen scheint. Ich selbst band diese notwendige Handlung in mein allmorgendliches Reinigungsritual ein und betete zur Göttin, um Vergebung für die Momente, in denen wir gefehlt hatten, für den Mut auf dem Pfad zu wandeln, den sie uns zu beschreiten befiehlt und für die Stärke, bei der Aufgabe, die nun vor uns liegt, nicht zu versagen.
Mit jeder Locke, mit jeder Strähne, die fiel, fühlte ich mich leichter. Demut führt uns zur Selbsterkenntnis. Wie wir unsere Klingen blank polieren, damit sie die Feinde der Göttin blitzend in Schrecken versetzten, sie brüllend davonjagen und kraftvoll zerschmettern, so bin ich das Schwert der Herrin, von Schatten gereinigt und blank geschliffen, um die Aufgabe zu erfüllen, für die ich geschmiedet wurde.
Wir hatten die Ausrüstung noch einmal geprüft, dann ließen wir den Expeditionstrupp antreten, während sich die Krieger der Muakiji Marasna sammelten.
Unser Neersander Offizier blieb wie üblich wortkarg, sodass es an mir war, die Truppe auf den so wichtigen Abschnitt unserer Fahrt einzuschwören, der nun vor uns lag und der uns mehr abverlangen wird als alles, was wir bisher gemeinsam schon erlebt haben.
Auf diesen ernsten und erhebenden Moment folgte ein kurioser, als Elikara von Brabak auf mich zu trat, und mir einen letzten Satz Heiltränke anvertraute, den sie für den letzten Moment aufbewahrt hatte, und mich dann vollkommen unvorbereitet umarmte. Und neben mir bemerkte ich, wie Leta Skenskoje den brummigen Neersander ohne Widerrede gelten zu lassen, in ihre Arme schloss, was er mit einem ‚Och’ quittierte, und es sich dann nicht verkneifen konnte, ihm ein Küsschen auf die bernsteinglatte Wange zu drücken. Hoffentlich hat niemand außer den Göttern das Bild gesehen, das wir abgaben.
Gleich darauf verging aber auch mir wieder dieser Anflug von Heiterkeit. Erst jetzt, da wir uns daran machten, die Rüstungen der Karmoth Gardisten anzulegen, bemerkten wir die Widerhaken, die überall an ihrer Innenseite angebracht waren. Die Härte dieser Männer war unfassbar, zeugte gleichsam von erstaunlicher Willenskraft und beunruhigendem Wahnsinn. Ich sah die Abscheu, das Zurückweichen unserer Männer, aber da durfte es kein Zögern geben. Als sei gar nichts, legte ich Stück für Stück die Rüstung an, zog sie fest und ließ Finjan die Riemen noch weiter anziehen, bis sie saß wie eine zweite Haut. Ein festes Klopfen auf den Brustpanzer demonstrierte ihren Sitz.
Ohne aufzubegehren fügten sich die Männer, fluchten nur vor sich hin oder murrten leise. Verdenken konnte ich es ihnen nicht. Das war mit Sicherheit die schmerzhafteste Rüstung, die ich je getragen habe. Erstaunlicherweise schien man sich darin viel besser bewegen zu können, kraftvoller auszuschreiten und diesen Eindruck hatte ich nicht allein. Stärke durch Schmerz, letztlich scheinen die Prinzipien aller Welten gar nicht so unähnlich zu sein, wer immer darin regiert.
So brachen wir auf, unserem Schicksal entgegenzueilen.
Ich glaube, der Dschungel hasste es, uns diesmal nur beim Leiden zu beobachten, statt uns höchst selbst diese Pein zu bereiten.
Dies ist mein letzter Eintrag in dieses Tagebuch.
Wir stehen keine halbe Tagesreise mehr von der Mine entfernt. Ich gebe dieses Buch Alima zu Verwahrung. Sollte ich in der Mine mein Leben lassen, soll sie es Finjan übergeben. Kehrt auch er nicht wieder, werde ich sie bitten, das Buch wenn möglich dem Kapitän Rateral Sanin an Bord der Seeadler zu bringen, damit er Kunde des Verlaufs unserer Expedition erhält. Sollte ihr das aus irgendeinem Grund verwehrt bleiben, soll Alima das Buch bei einem Tempel unserer Herrin RONdra abgeben, damit es nach Rhodenstein zum Orden der Wahrer gelangt. In jedem Fall sollte der Tempel eine Abschrift des Berichtes erhalten.
Gleichsam übergebe ich Alima die Briefe an Thalionmel, die ich bisher nicht absenden konnte. Ich hinterlasse ihr genug Geld, um auf dem Festland einen Beilunker Reiter damit nach Havena zu senden. Überdies vertraue ich Alima Sturmbund an, denn dahin, wo wir nun gehen müssen, kann ich diese Klinge nicht mitnehmen.
Durch Boran und den Dschungel hätte ich mich nie davon getrennt, aber jetzt steht alles auf dem Spiel und der kleinste Fehler könnte unseren Tod und das Scheitern der Expedition bedeuten.
Trotz der Fehler, die ich begangen habe, hoffe ich, der Göttin und dem Reich ein guter Diener gewesen zu sein.
Vergebt mir Thalionmel, dass ich nun in diese dunkle Grube steigen muss. Euer Leuchten werde ich mit mir nehmen. Ihr seid mein Stern, der mir selbst dort unten leuchten wird. Wenn die Göttin uns für würdig befindet, wird sie uns von dort unten wieder heraufführen, und ich kehre aus diesem Dschungel zu Euch zurück, eines Tages. Seid der Liebe, die ich für Euch in meinem Herzen trage, mit jedem meiner Atemzüge bis zum letzten, gewiss.
Jetzt mit RONdra für das Reich
zu Sieg oder Tod
-Oberin Sturmbund von Vallusa zu Rhodenstein