Gespielt am: 09. November 2019
Bei Oberins letztem Eintrag standen die Helden kurz vor ihrer Ankunft in der Mine. Letzte Worte wurde gesprochen, Testamente verfasst. Die unversehrte Rückkehr, wenn es überhaupt eine geben sollte, war unwahrscheinlich.
24.BORon 33 Hal, Dschungel von Maraskan, Dorf der Muakiji Marasna
Bei der Göttin, gepriesen sei RONdra und ihr starker Arm, der uns in tiefster Finsternis Schutz und Schirm war! Wir leben! Wir sehen die Sonne wieder!
Wenngleich nicht alle.
Doch was wir erreicht haben, ist mehr, als wir je zu hoffen wagen durften! Die Gnade der Herrin war wahrlich mit uns, und mutige Männer gaben ihr Leben für uns.
Und wir, die wir leben, wir sind der dunklen Grube entkommen.
Allein der Anblick des Talkessels, in dem die Mine liegt, für die wir all die Strapazen dieser Reise auf uns genommen hatten, für die Aufgabe, die uns hier erwartet, für die Sari Treublatt ihr Leben ließ, eben so wie möglicherweise Viburn, allein dieser Anblick war bereits Unheil verheißend. Die Samurojins und unseren Außentrupp hatten wir bereits vor einer Weile zurückgelassen und nun standen wir auf einem leichten Hang oberhalb der Brücke. Wir marschierten darauf zu, als wären wir zufrieden, unser Ziel endlich zu erreichen.
Vor der Brücke ließen wir die Männer anhalten, während Finjan und ich zu den Wachposten hinstrebten, die auf der anderen Seite standen. Auf halbem Weg ließ man uns anhalten, fragte nach Woher und Wohin. Wir teilten mit, den Nachschub aus Tuzak zu bringen; den Ausweis, der von uns verlangt wurde, waren wir nicht im Stande zu liefern. Wir hatten bei den Karmoth Gardisten keine Papiere gefunden und von einem Passwort hatten sie nichts gewusst. Die eine Wache verschwand, um nachzufragen, während die andere dazu überging, Finjan, der unseren Feldwebel mimte, zu beleidigen. Der Leutnant versuchte, seine Autorität zur Geltung zu bringen aber die Wache ließ sich nicht einschüchtern. Das ging schon gut los. Aus dieser Situation rettete uns die zurückkehrende Wache, die mitteilte, dass wir passieren durften.
Beim Betreten des Lagers ließen wir unsere Blicke schweifen, über Wachtürme und Pallisaden, klapprige Baracken und grimmige Karmoth Gardisten. Beunruhigend war´s in dieser Scharade ins Lager des Feindes zu marschieren. Weit erschreckender war der Anblick der Männer, die sich auf dem Hauptplatz befanden. Da war Perdido Dorkstein selbst, inmitten seines Endurium Korps. Jedes Mitglied dieser Einheit schien von übernatürlicher Größe, darüber hinaus waren die meisten von einer verstörenden Gestalt, über die man sich gar nicht sogleich klar werden konnte. Wahrscheinlich ging uns das erst nach und nach auf, denn die widerwärtige Gestalt von Perdido Dorkstein stellte alles in den Schatten. Dass das ein Mensch war, war nicht leicht zu glauben. Wenn ich ihn beschreiben sollte, besonders angesichts dessen, was später noch kam, da kann ich nichts vor mir sehen, als diese beiden rot glühenden Augen, durchdringend, durchbohrend, messend, verächtlich, scharfsinnig, mitleidlos, kalt und von rasender Wut beseelt – und eine Waffe, so brutal, grobschlächtig und riesenhaft, dass ich sie im Grunde kein Schwert mehr nennen kann.
Mich umzudrehen war nicht nötig, um zu wissen, wie beunruhigt einige aus unserem Trupp reagierten. Verdenken konnte ich es ihnen nicht, ich selbst musste mich zusammennehmen, gelassen zu bleiben, soweit es mir an diesem Ort eben möglich war. Wir durften uns keine Blöße geben. Allein, selbst Finjan wurde schwach, seine Knie wurden weich und ich spürte seinen verkrallten Griff um meinen Arm. Frei heraus sage ich, es ist keine Schande, so zu empfinden, wenn ein göttergefälliger Mensch dieser Bestie erstmals gegenübersteht. Bloß gab es kein gutes Bild ab. Statt des Feldwebels nahm der Unteroffizier die Befehle des Mannes entgegen, der auf uns zugekommen war.
Wie befohlen, ließ ich unsere Leute rasch zur Küche gehen, ehe ich Finjan, der immer noch ganz steif war, mitnahm zu den Baracken der Sklaven, wo wir wie befohlen ein paar von denen einsammelten, damit sie das Zugtier abspannten und den Karren beiseite schafften. Welch elende Gestalten, ausgezehrt, mit leeren Blicken und einer Haltung, als hätten ihre Seelen die Körper bereits verlassen. Mit denen war niemals ein Aufstand zu machen.
Es hätte mir sogleich klar sein sollen, aber diesen Gedanken nicht zuzulassen, gab mir einen Grund, sie nicht all zu schlecht zu behandeln, damit wir ihr Vertrauen nicht sogleich verspielten. Hier wurde Härte von uns erwartet; ich hoffte, es überspielen zu können. Diese armen gemarterten Seelen noch zusätzlich zu quälen – ich hatte die Leiber an den Boronsrädern auf dem Weg zum Hauptplatz gesehen – kurz und schlecht, ich brachte es nicht über mich. Und dann sah ich einen der Sklaven bei der Arbeit von einem schweren Stiefel getroffen zu Boden gehen. Ehe es mir überhaupt bewusst wurde, hatte ich herausgerufen, dass ich mir an denen nicht die Stiefel würde schmutzig machen wollen. Es war das Unauffälligste, was mir eingefallen war, dennoch töricht, aber eigentlich ohnehin egal, als der Mann in meinen Blick kam, der das gerade getan hatte: es war Perdido Dorkstein.