Gespielt am: 23. November 2019
Khunchom ist groß und hat viel zu bieten. Besonders für zwei ahnungslose Nordländer wie Finjan und Oberin. Letzterer zeigt sich besonders interessiert am legendären Feuersturmtempel, dem einzigen Tempel Aventuriens, in dem sowohl Ingerimm als auch Rondra verehrt werden.
Beim Feuersturmtempel angekommen erblickte ich ein wuchtiges Gebäude. Gewiss besaß es keine nordische Architektur, doch so rau ragte es vor mir empor, dass ich mich an die raue Landschaft meiner Heimat erinnert fühlte.
Gemessenen Schrittes erklomm ich die Stufen bis zur Halle und fand darin das ewige Schmiedefeuer. Die Hitze, die von der Glut ausging, war sengend. Lange blieb ich dort stehen und verlor mich im Feuer.
Als ich wieder aufblickte, suchte ich jemanden aus der hiesigen Schwertgeschwisternschaft, der mich im mir fremden Haus meiner vertrauten Göttin herumführen könnte. Mein Blick fiel auf eine stattliche Frau. Schön und stolz war sie anzuschauen. Keinesfalls war sie jünger als ich, davon ab, vermochte ich ihr Alter nicht zu schätzen. Gesicht und Körper haftete noch nicht vergangene Jugend an, die Narben darauf wiesen sie allerdings als kampferprobt aus und der Ausdruck ihrer dunklen Augen kündete von Wissen, das nicht aus Büchern stammte. Wie sie da stand und in die Tempelhalle blickte, schien sie mir genau diejenige zu sein, nach der ich Ausschau gehalten hatte. Heute mag ich mich bei dem Gedanken einen Narren schelten, obwohl er nun womöglich weit mehr Wahrheit offenbart, als ich verstand.
Unbedarft wandte ich mich also an meine Schwertschwester und bat darum, dass sie mir ihren Tempel der Göttin zeigen möge. Sie bedachte mich mit einem Blick, den ich nicht zu deuten wusste. Jetzt würde ich sagen, dass Erstaunen, Belustigung und Neugier sich darin zu ungleichen Teilen mischten; die Neugier überwog.
Sie nahm mich mit sich mit und zeigte mir den Tempel, der trotz seiner Bedeutung vielleicht der schlichteste ist, den ich auf meiner Reise besuchte, kein Vergleich mit der Pracht des Tempels in Gareth oder der Erhabenheit des Tempels in Perricum. Mir aber entspricht er vielleicht viel mehr, wenn ich von dem überwältigenden Eindruck zurücktrete und mich auf meine Verbindung mit der Göttin besinne. Wie ich bereists sagte, der Feuersturmtempel vermittelte mir ein ähnliches Gefühl wie meine Heimat, schlicht, rau, unbeugsam.
Allzu viel in Erfahrung brachte ich allerdings nicht, denn meine Führerin fragte mich äußerst gründlich über Rhodenstein, die Nordsenne, Weiden, das Mittelreich und unsere Lage dort aus. Ich wusste bereits, dass wir nicht als einzige uneins mit Perricum sind. Es war jedoch mehr als das. Auch über mich begehrte sie Manches zu erfahren, besonders, nachdem wir gemeinsam der Göttin geopfert und vereint gebetet hatten. Nicht all ihre Worte verstand ich und meinerseits zog ich es vor, in meiner Muttersprache mein Opfer zu versehen, denn es war augenfällig, dass die hiesigen Gebräuche nicht unerwartet recht anders sind als bei uns. Ich wollte meine Gastgeberin nicht in Verlegenheit bringen, aber genau so wenig ganz und gar auf sie eingehen. Man ist hier sehr freigiebig mit Blutopfern. Doch ihre Inbrunst im Gebet war inspirierend und ihre ungezügelte Wildheit im Angesicht der Göttin … mitreißend. Arm in Arm gingen wir danach weiter, tauschten uns über RONdra aus und … nun ja, meine Art mit Worten umzugehen gefiel ihr auf seltsame Weise, denn sie selbst war von sehr viel zupackenderer Art. Hier begegneten sich Nord und Süd. Sie sagte mir ähnliche Dinge auf den Kopf zu wie Geron; für sie gab es keinen Gegensatz zwischen Dienst in Ehre und Liebe zum Leben, zwischen Kampfeswut und Lebenslust. Ehe ich mich versah, waren wir in die Tempelhalle zurückgekehrt und es schien mir, so sehr ich ihre Gegenwart genoss, dass ich meiner Gastgeberin nun genug zur Last gefallen war, und wollte mich verabschieden. Sie aber versprach mir, es müsse hier noch nicht enden; ob ich schon einmal im Tempel gepredigt hätte, fragte sie mich. Wahrheitsgemäß verneinte ich; solch eine Ehre war mir noch nicht zuteilgeworden. Sie jedoch lud mich dazu ein, an jenem Abend zu predigen. Wie sie diese Einladung aussprach, da erst begann es mir zu dämmern, doch viel zu beeindruckt war ich von der Ehre, die sie mir erwies, und viel zu eingenommen von ihr, um den Gedanken aufzugreifen. Er verflog einfach, derweil sie mich mit sich zog, um mir zu zeigen, wie man sich am besten darauf vorbereiten konnte, die Messe im Tempel zu halten.
Sie brachte mich in einen Bereich des Tempels, den wir noch nicht betreten hatten, führte mich zu Stufen, die zu einem Kampfplatz hinab führten. Wortlos forderte sie mich zum Tanz auf und ich leistete der Einladung bereitwillig Folge.
Die Anmut ihrer Bewegungen, als sie den Kampfplatz betrat, bestärkten meinen Eindruck langjähriger Erfahrung. Ich zog Sturmbund und unser Tanz begann.
Die Eleganz ihrer Bewegungen war beeindruckend, Geschick und Schnelligkeit ihrer Manöver unglaublich, ihr Stil für mich gänzlich neu. Sie war wie ein Wirbelsturm über mir, den ich nicht zu bändigen vermochte. Mal um mal traf mich schmerzhaft ihre Klinge, ohne dass eine Wunde sich auftat. Wie das zuging, wusste ich nicht; es spielte keine Rolle, genau so wenig wie die Tatsache, dass ich ihr gegenüber nicht zu bestehen vermochte, nicht im Kampf jedenfalls. Sie erforschte mich und riss mich zugleich in unserem Tanz mit hinauf vor das Angesicht RONdras.
In dem Moment, da der Tanz innehielt, wusste ich, wen ich da vor mir hatte, keine einfache Geweihte, nicht irgendeine Schwertschwester. Diese Frau war Al`Zulsabith, die Tochter des Blutes, Tempelvorsteherin des Feuersturmtempels. Dennoch überkam mich hier kein Zögern. Die Waffen wurden weggesteckt und gemeinsam verließen wir den Platz, ja, ich ging sogar voran und wir begaben uns zum Göttinnendienst, den wir gemeinsam hielten, Nord und Süd, miteinander ringend und doch vereint, und der Tanz zwischen uns setzte sich einfach fort, der Leib und das Wort waren eins, zwei Schneiden einer Klinge und es gab keinen Unterschied und keine Trennung unter den Augen der Göttin.
Der kalte Nordwind und der heiße Südwind, gemeinsam die Klinge schmiedend, sich im Schwertersturm vereinend.
Die folgenden Tage verweilte ich im Tempel, hielt Zwiesprache mit RONdra und verbrachte viel Zeit mit Al´Zulsabith. Viel sprachen wir über den Norden und den Süden und die Werke RONdras und unsere Rolle darin. Oft vereinten wir uns einfach im Gebet, gaben uns RONdras Blicken preis und gaben uns der Göttin hin.
Es war eine Freude, ungestört unter meinen Schwertgeschwistern zu weilen, und ich kam mit RONdra und mir selbst ins Reine; für den Moment jedenfalls. Die Jauche der Dunklen Grube ist fortgewaschen. Wenn ich Al´Zulsabith ansehe, erblicke ich die Löwin, die Erkbrand aus den Fängen der Orks bis zum See trug. Nur dass sie nicht mit einem Grollen entschwinden wird. Sie hat gefallen an mir gefunden.
Als ich am Morgen des 13.HESinde aus dem Tempel trat, sagte ich ihr, dass wir uns wiedersehen würden, denn ich fühlte ganz deutlich, dass wir einander wieder begegnen.
Meine Verheißung erfreute Al´Zulsabith.
Sie wird um so wahrscheinlicher, da uns Hauptmann von Angenbruch am gleichen Tag zu dem von uns geerbten Kontor führte. Wir werden uns hier in Kunchom eine Basis für unseren Krieg wider die Blutige See einrichten. Unsere Pläne stehen noch nicht fest, doch werden wir recht sicher zuweilen hier her zurückkehren.
Das, was vor uns liegt, wird uns mehr noch an dunkle Orte führen. Im Feuersturmtempel vermag ich den See zu finden, mich reinzuwaschen und die Löwin, die mich bei diesem Tanz auf der Schneide des Schwertes zu leiten vermag.
Der Nordwind wird den Hauch des Südwindes nicht vergessen.