Gespielt am: 06. Juli 2019
Die Geschichten über die Schrecknisse der Blutigen See waren keineswegs übertrieben. Erschöpft, aber glücklich, noch am Leben zu sein, können sich Oberin und Finjan erstmals wieder der Muse hingeben und so lernen sie die Mannschaft kennen und finden ihren Platz darin.
Am Tag, der auf die Nacht der Schlacht folgte, passierten wir die Straße von Ephora, vorbei an den EFFerdstränen.
Dies war meine erste Schlacht auf See gewesen, und ich muss eingestehen, dass ich nur wenig von Nutzen war. Die Seekriegsführung ist doch eine ganz andere Angelegenheit als der Kampf zu Land. Auf Deck dem wenig ehrenvollen Fernduell der beiden Schiffe beiwohnen zu müssen, wo ein Schwert keinen Nutzen hat, ist äußerst unerquicklich. Man sollte dem Feind, den man bekämpft stets ins Angesicht schauen können!
Zudem erscheint mir das Chaos an Bord viel größer als im dichtesten Schlachtgetümmel auf dem Feld.
Gleichwohl, die Stimmung an Bord ist der nach einem Gefecht an Land sehr ähnlich gewesen.
Wir hatten es geschafft, unsere Haut zu retten, aber der Feind war entkommen, um an einem anderen Tag wiederzukehren. Die Mannschaft war erschöpft, Finjan und ich nicht minder. Wir reihten uns ein, als Zwieback und Rum ausgegeben wurden.
Bald darauf wurde die Mannschaft antreten gelassen und jene, die sich im Kampf um das Schiff verdient gemacht hatten, wurden ausgezeichnet. Unter den Geehrten war auch Finjan, der für sein selbstloses Ablenkungsmanöver von Resovik Sturmtaucher mit der Träne EFFerds bedacht wurde.
Zum ersten Mal seit wir an Bord gekommen waren, schien nun so etwas wie Ruhe einzukehren, sobald die Mannschaft zurück an ihre Arbeit geschickt wurde. Selbstverständlich gab es alle Hände voll zu tun, doch zumindest für den Moment schienen wir nicht unmittelbar in Gefahr zu sein und das Treiben an Bord wirkte auf mich weniger hektisch. Die Mannschaft hingegen machte durchaus einen bedrückten Eindruck auf mich. Eine weitere Pflicht wartete noch auf uns und so bat ich den EFFerd Geweihten Sturmtaucher darum, die Bestattung der Gefallenen begleiten zu dürfen. Damit war er einverstanden.
Viel Zeit für die Vorbereitungen blieb mir nicht, und für eine so große Mannschaft empfand ich es als noch einmal schwieriger, passende Worte zu finden als für die Fremden, denen ich an Bord der Chand`Jarra gegenübergetreten war.
Der beunruhigten Besatzung Trost, Vertrauen und Mut zugleich zuzusprechen war keine kleine Herausforderung, die ich aber ziemlich gut bewältigte. Die Toten dem Meer zu übergeben fühlte sich jedoch befremdlich an, zumal wir nicht einmal alle Leichen hatten bergen können. RONdra wird es uns nachsehen, hier draußen auf der Blutigen See ist eine Feuerbestattung nicht möglich und es entspricht so wie es geschah wohl in den meisten Fällen den Bräuchen dieser Leute. Meine Erläuterung unserer Begräbnisriten hat den EFFerd Geweihten doch arg erstaunt.
Mit den Toten ließen wir zugleich die vorangegangene Schlacht hinter uns und es war an der Zeit, sich dem zu widmen, was vor uns lag.
Für Finjan und mich bedeutete das zunächst, uns offiziell in die Mannschaftsliste einzutragen.
Es bedurfte hartnäckiger Verhandlungen und eines expliziten Hinweises auf die uns zustehenden Rechte, um den Zahlmeister Anabtaga Sedilion dazu zu bewegen, mich als Geweihten und Finjan als Leutnant einzutragen und er war keineswegs zufrieden damit.
An diesem Tag hatten wir noch eine weitere, zwar bemerkenswerte, doch letztlich keineswegs erfreuliche Begegnung, obschon das nicht direkt an den beteiligten Personen lag. Wir hatten nämlich die Gelegenheit, den zweiten EFFerd Geweihten an Bord kennenzulernen. Timoran von Bethana ist ein ganz anderer Typ als der sehr tatkräftige Resovik Sturmtaucher. Der offenkundig in der Mannschaft überaus beliebte Timoran war einige Zeit krank und erst ganz kurz wieder auf den Beinen. Er hat etwas sehr Leichtfüßiges an sich im Auftreten, worunter sich aber eine gewisse Schwermut abzeichnete. Insgesamt macht er einen entrückten Eindruck. Ganz eindeutig hegte er tiefe Vorurteile gegen Zwerge, schlimmere vielleicht als Finjan gegen Thorwaler. Davon abgesehen tat er sich als interessanter Gesprächspartner hervor. Soweit wäre all dies unproblematisch, wenn Timoran nicht obendrein Karten legen würde. Er bot Finjan und mir an, uns die Inrah Karten zu legen. Im Grunder war er recht erpicht darauf. Finjan zögerte, doch ich hatte nichts dagegen, die Kunst des Geweihten auf mich wirken zu lassen. Ich stimmte zu, dass er mir den Baum legte.
Wir saßen an Deck zusammen und rasch fand sich eine Schar von Zuschauern. Obwohl ich über das Inrah gelesen habe, war dies das erste Mal, dass mir selbst die Karten gelegt wurden. Timoran begreift seine Kunst als im Wissen der Götter begründet. Ich bin mir nicht im Klaren darüber, ob wahrlich göttliches Wissen in diesen Karten liegen mag, die von allerlei Personen in ganz Aventurien genutzt werden. Doch ich will zugeben, dass ich überaus neugierig war und angesichts meiner momentanten Unruhe nichts gegen einen Fingerzeig einzuwenden hatte. Über das, was Timorans Karten mir zu sagen hatten, muss ich weiter nachdenken.
Das weitere Geschehen aber wurde von dem überschattet, was geschah, als Finjan sich entschloss, sich den Spaß ebenfalls zu gönnen. Denn inmitten seines Baumes, an Position 5 – Tu den ersten Schritt, also jener Karte, die verrät, wie das vorhandene Problem angegangen werden soll, deckte er eine Karte auf, die Timoran geradezu panisch aufspringen ließ. Erregt wandte er sich ab und wollte kein Wort mit Finjan wechseln. Die gefesselte Gestalt und Timorans Reaktion auf diese Karte ließen Böses erahnen, doch nachdem wir ihm einen Moment gelassen hatten, wollte ich erfahren, was es damit auf sich hatte. Soweit ich aus ihm herausbekommen konnte, hatte Finjan die schlimmstmögliche Karte gezogen, nicht nur, dass sie den Namenlosen bezeichnete und somit für das Böse, Tyrannei, Verrat und Heimtücke stand, überdies das auch noch an dieser Position, war das fürchterlichste aller Omen.
Mehr wollte Timoran nicht mehr sagen, fast schien er Angst vor Finjan zu haben. Er ging ohne weitere Erklärungen davon, hatte die Karten eigentlich vom Tisch wischen wollen und rührte sie dann doch nicht an. Über sein Verhalten war Finjan unzufrieden, doch dann mochte auch er nichts weiter davon hören. Er glaubte ohnehin nicht daran.
Das ist wahrscheinlich das beste für ihn.
Wie gesagt, ich bin mir unschlüssig darüber, doch wenn ich annehme, Finjan spielt eine Rolle in meinem eigenen Baum, so muss ich um den Gefährten besorgt sein. Zugleich aber kann ich nicht glauben, dass solche Finsternis in Finjan schlummert oder ihn auf seinem Weg befallen könnte. Unbesehen nahm ich die Karten an mich, um sie Timoran bei Gelegenheit wiederzugeben.
Unser bisheriger Weg scheint von dunklen Vorzeichen gesäumt zu sein. Ich will nicht glauben, dass unsere Reise unter einem solch schlechten Stern stehen soll.
Und doch kam der Ärger an diesem Tag damit noch nicht zu Ende.