Gespielt am: 06. Juli 2019
Die Audienz beim obersten Eigner und Klabautermann der Seeadler Lido Kork verlief nicht zum Gefallen Oberins. Die schier unüberschaubare Sammlung an Büchern macht ihn jedoch fast neidisch. Bevor er allerdings dazu versucht wird, einen weiteren Handel mit dem selbst proklamierten Seekönig einzugehen, verlässt er dessen Reich lieber wieder.
Sogleich stand ich in meiner Kajüte, von Finjan keine Spur. Dafür begrüßten mich die Kinder, die ebenfalls hier untergebracht sind, begeistert und wollten nichts lieber als eine Gute-Nacht-Geschichte von mir zu hören. Nur zu gerne erfüllte ich ihren Wunsch nach einer Geschichte über die Abenteuer großer Krieger. Ich erzählte ihnen eine Geschichte von Trollen, Drachen und Wimmelkriegern. Die Kinder waren begeistert!
Sicher würden sie die tollsten Träume haben!
Eben als ich meine Geschichte beendet hatte, erschien die AVEs Geweihte, um die Kinder ins Bett zu scheuchen. Sie machten einen aufgeregten Eindruck, als habe sie die Geschichte selbst gehört und könnte anders als die Kinder damit nicht umgehen. Jedenfalls trat sie ganz dicht an mich heran, um mir zuzuflüstern, dass wir Besuch bekommen hatten. Ich nickte und verließ rasch die Kabine. Eben sah ich noch den Kapitän auf Deck gehen und folgte geschwind, nicht ohne den lieblichen Duft der Geweihten nach Veilchen noch in der Nase zu haben.
Draußen in der kühlen Nachtluft erwartete uns ein kleines Fischerboot aus Beilunk, mit dem wir längsseits gingen. Unter der Vielzahl an Leuten, welche die Fischer begrüßten, befand sich auch Finjan. Mit den Offizieren handelten die Fischer den Verkauf ihres Fangs aus, der unsere arg knappen Vorräte wenigsten etwas aufstockte. In anderer Sache wechselten ebenfalls Beutel mit Münzen die Besitzer. Ich fragte mich, ob wohl der Verräter gleichfalls hier an Deck war, doch ehe ich dazu kam, in dieser Sache Nachforschungen anzustellen, drangen mir die Worte der Fischer zu Ohren und ich kam nicht umhin, ihnen zu lauschen, denn die Nachrichten, die sie brachten, waren überaus erstaunlich: Der Ring der Belagerung Beilunks, der die Stadt so lange im unerbittlichen Würgegriff gefangen gehalten hatte, lockerte sich. Die Stadt war nicht frei, doch die Untoten hatten an mehreren Stellen begonnen, abzuziehen. Ein Hoffnungsschimmer schien auf, obwohl das Geschehen unerklärlich war. Von Vallusa hingegen wussten die Fischer nichts zu berichten, vor Neersand jedoch wurden immer wieder Dämonenarchen gesichtet, die in den Strudel eintauchten. Auch dies eine unverständliche Nachricht, allerdings gänzlich beunruhigend.
Neben Fisch hatten die nächtlichen Besucher uns also hoffnungsvolle wie unerfreuliche Kunde gebracht, vor allem aber ließen sie mich nachdenklich zurück ob dieser Entwicklung, während sie ablegten und wieder in der Nacht verschwanden, aus der sie aufgetaucht waren.
Früh am nächsten Tag wurden Finjan und ich gleich den übrigen Mitgliedern der Führungsmannschaft in die Kapitänskajüte zur Offiziersbesprechung beordert. Insgesamt achtzehn Leute waren dort versammelt. Im Wesentlichen gab es drei Tagesordnungspunkte. Zuletzt wurde die Nahrungsbeschaffung und der weitere Umgang mit den knappen Vorräten besprochen, was an dieser Stelle nicht vertieft werden muss.
Zur Eröffnung der Sitzung hingegen gaben uns die Magier einen Bericht über die Erkenntnisse, die sie aus dem Studium der Runen gewonnen hatten, welche sie mit den Dämonenarchen in Verbindung gebracht hatten. Dieses Wissen ist alles andere als abschließend, erscheint aber höchst relevant.
Die Magier bezeichnen die Runen als Wurzelzeichen und erachten sie für eine eindeutige Signatur, die jede Arche hinterlässt, wie nicht zuletzt jene Rune der Gold-Morgen-Tarantel belegte, die ich ihnen entschlüsseln konnte. Die Runen verraten allerdings nicht allein, welche Arche sie hinterlassen hat, sondern nach Ansicht der Magier darüber hinaus die Größe der Arche und in welchem Zustand sie sich befindet. Derlei Informationen sind in jedem Fall von taktischer Bedeutung, was zu der Frage führte, welchen Zweck diese Wurzelzeichen haben, wenn sie solch wichtige Informationen preisgeben. Darüber liegen den Magiern jedoch keine gesicherten Erkenntnisse vor. Möglicherweise handele es sich um einen unvermeidlichen Nebeneffekt, welcher auf die Erschaffung der Archen zurückgeht, so mutmaßen sie.
Dass es möglich ist, Archen eindeutig zu identifizieren, hat die Magier darüber hinaus auf ein neues Rätsel gestoßen: Die Wurzelzeichen ein und derselben Arche wurden in unterschiedlichen Richtungen ausgemacht, was zu der unangenehmen Frage führt, ob die Dämonenarchen wohl in der Lage sind, sich zu teilen. Einstweilen bleibt dies ungewiss, doch scheint keine andere Erklärung zur Hand.
Abschließend ergaben ihre Forschungen noch eine weitere Schlussfolgerung, zu der ich momentan ebenfalls keine nähere Erklärung abgeben kann. Doch es ist wohl davon auszugehen, dass die Archen entweder selbst nicht dämonischer Natur sind – was wie eine überaus erstaunliche Wendung der Dinge scheint oder aber zumindest einen nicht dämonischen Steuermann an Bord haben.
Vielleicht wird es uns möglich sein, dieses Wissen auszubauen und einem Weg, dieser namenlosen Brut den lang verdienten Garaus zu machen, endlich näher zu kommen.
Unser neues Ziel ist Maraskan. Unter falscher Flagge werden wir an der Ostküste im Hafen von Boran einlaufen, um einen Expeditionstrupp anzulanden, der sich zur Endurium Mine im Landesinneren durchschlagen wird. Der Auftrag lautet, die Situation zu erkunden, und sich möglichst eines Teils des geförderten Metalls zu bemächtigen, um am anderen Ende der Insel wieder an Bord der Seeadler zu gehen. Diese wird derweil einen zweiten Trupp zur Nahrungsbeschaffung entsenden.
Für Finjan und mich ist allerdings klar, dass die Endurium Mine für den Verräter ein schillerndes Ziel sein muss, gleich ob er die Aktionen der Seeadler stören soll, das Schiff und seine Besatzung in eine Falle locken will oder ganz eigene Pläne verfolgt. Wir sind sicher, dass der Verräter unter allen Umständen versuchen wird, sich in die Expedition zu schmuggeln, selbst wenn es natürlich ein absoluter Elitetrupp sein wird, der für diese Aufgabe zusammengestellt wird. Noch weiß die Mannschaft nichts. Finjan und ich werden darauf achten, ob die Kunde von einem der achtzehn Personen im Raum durchgestochen wird, doch bei all den Menschen an Bord ist es schwierig, dem Informationsfluss zu folgen.
Am Rande sei erwähnt, dass ich Finjan gegenüber, das Getuschel und merkwürdige Verhalten der Männer in der Kombüse erwähnt habe, das mir nun bei zwei oder drei Gelegenheiten aufgefallen ist. Die Männer machten nur vage und vorgeschürzt wirkende Erklärungen, als ich mich bezüglich der Ursachen erkundigte. Finjan hat inzwischen seinerseits gleichfalls einen solchen Vorfall miterlebt, weil sich die Heiler, die sich mit dem Küchenpersonal die Kombüse teilen, so sehr gestört fühlten, dass die Diskussion vor die Kombüsentür verlagert wurde. Finjan ist daraufhin eingeschritten, bekam aber auf sein Drängen nichts weiter als die – gleichsam unglaubwürdige – Erklärung heraus, man teile nur gerne den neuesten Schiffsklatsch. Sein Versuch, sich in diesen Informationsfluss einzuklinken, erscheint mir allerdings eher ungeschickt, er ist und bleibt Offizier an Bord. Da wir das Schiff in Maraskan verlassen werden, geht uns die Zeit aus, noch einen Anhaltspunkt zu finden, sodass wir wohl jede Chance nutzen müssen. Finjan war es auch, der der Schiffsführung den Vorschlag unterbreitete, zur Ergänzung der Vorräte eine Haijagd zu veranstalten.