Gespielt am: 14. September 2019
Um aus dem Hafen Borans zu entkommen, einigte sich der Expeditionstrupp darauf, ein Schiff aus dem Hafen zu stehlen und damit einige Meilen südwärts zu fahren, um dort in den Dschungel aufzubrechen. Finjan erwählte dafür, nach einigen Auskundschaftungen ein geeignet scheinendes Schiff.
30. TRAvia 33 Hal, Dschungel von Maraskan, irgendwo nahe der Küste
Wir sind entkommen, doch um welchen Preis?
Irgendwie ist alles schief gegangen.
Der Regen in der maraskanischen Abenddämmerung hatte bereits eingesetzt, als wir unserer Unterkunft den Rücken kehrten. Der Großteil der Expedition begab sich zum Freihafen, wo er sich in der Nähe des Kais unseres Schiffes verteilte, um nach der Übernahme rasch an Bord zu kommen. Ich selbst hielt mich mit einigen unserer Kämpfer ganz nah zwischen ein paar Lagerhäusern auf, um mit ihnen Finjan rasch unterstützen zu können.
Finjan selbst führte sein vierköpfiges Enterkommando zu diesem seltsamen Schiffsgewirr am Rande des Hafens, das sich wie eine Wucherung gestrandeter Schiffe ausnahm. Von dort wollten sie ungesehen ins Hafenwasser steigen, um zum Schiff hinüber zu schwimmen. Bevor sie allerdings den Zielpunkt erreichten, wurden sie überfallen. Wie Finjan mir berichtete, rettete Dynar ihm einmal mehr das Leben. Der Vorfall zwang sie jedoch dichter als geplant beim Schiff ins Wasser zu gehen. Die Regenwolken sperrten zwar das Mondlicht aus, dennoch schien ein Mann an Deck auf die Bewegung im Wasser aufmerksam geworden zu sein. Daraufhin tauchte Finjan, um unter Wasser außer Sicht zum Schiff zu gelangen. Seine Begleiter hingegen hatten nichts bemerkt und auch sein Abtauchen nicht mitbekommen. Ohne Befehle trieben sie im Wasser, während Finjan beim Schiff wieder auftauchte, aber keine Möglichkeit fand, auf´s Deck zu gelangen, um den neugierigen Kerl auszuschalten.
Das führte dazu, dass der Entertrupp im Hafenbecken trieb und auf Befehle wartete, derweil Finjan nach einer Umrundung des Schiffes unter dem Kai vergeblich auf seine Männer wartete. Wir indessen warteten mit zunehmender Unruhe im Hafen. Es war bereits viel zu viel Zeit vergangen, die ganze Aktion hätte längst ausgeführt werden müssen. Der Regen begann, nachzulassen. Wir konnten nicht ewig warten. Mir fiel nichts Besseres ein, als beim Schiff nachzusehen, was los war. Indem ich vorgab, mein Schiff zu suchen und dergestalt lautstark auf mich aufmerksam machte, hoffte ich, Finjan zudem eine vielleicht nötige Ablenkung zu verschaffen. Mit heimlich und leise war es da aber vorbei. Zudem bemerkte der fein gekleidete Herr, der an Deck das Kommando führte schnell, dass ich etwas im Schilde führte.
Meinerseits konnte ich zwar jemandem unter dem Kai ausmachen, begriff aber nicht, was zu den Niederhöllen Finjans Entertrupp bloß trieb, der bisher immer noch nicht in Aktion getreten war. Just in diesem Moment aber sah ich sie über die Reling klettern. Noch einmal legte ich mich ins Zeug, um die Aufmerksamkeit des Offiziers bei mir zu behalten, doch er war leider nicht der eitle Geck, nachdem er aussah. Ihm war klar geworden, was da vorging, und er drehte sich in genau dem Augenblick um, da der schwachsinnige Orvinio einem der Posten hinterrücks die Kehle durchschnitt. Ich konnte es nur entsetzt mit ansehen. Niemand hatte getötet werden sollen, der Befehl hatte gelautet, die Mannschaft zu betäuben!
Sofort sprang ich auf Deck, um noch Schlimmeres zu verhindern, aber der Offizier war ausgerechnet noch ein tapferer Mann, der sich weigerte, der Aufforderung, sich zu ergeben, nachzukommen. Der Streich seines Dolches war an meiner Rüstung abgeglitten, nun aber schlug er meine Offerte mit dem Degen in der Hand aus. Dann ging alles ganz schnell. Während ich noch versuchte, ihn zu überzeugen, kam Finjan von irgendwoher über die Planke auf das Schiff gestürmt und verschwand unter Deck. Gerade hatte ich eingesehen, dass ich notgedrungen härter gegen den Offizier vorgehen musste, da tauchte Dynar auf der Treppe über ihm auf und schlug ihm mit dem Knauf seines Schwertes nieder. Von unter Deck ertönte ein gellender Schmerzensschrei und dann ein Wutgeheul. Den elenden Orvinio schickte ich an Land, um unsere Leute zu holen, damit er nicht noch mehr Unheil anrichten würde. An Deck stand kein Matrose mehr. Die anderen drei Mitglieder des Entertrupps führte ich also nach unten, um Finjan zu Hilfe zu kommen.
Ich fand ihn unter Deck, wo er wie irrsinnig in einem angrenzenden Raum auf einen am Boden liegenden Kerl einstach. Ehe ich mich darum kümmern konnte, wankten zwei ziemlich betrunkene Hünen heran, die ein Schiffsmädchen bei sich hatten. Ich trat ihnen als ihr neuer Offizier gegenüber, doch um mir das abzukaufen, waren sie nicht betrunken genug. Der eine spuckte mir ins Gesicht und sie stürzten sich auf uns. Die KOR-Söldner walteten ihres Amtes, in dem Handgemenge auf engstem Raum blieb auch mir – ich weiß nicht, plötzlich lagen alle drei tot am Boden. Das … das Schiff wurde gesichert; wieder an Deck sah ich unsere Leute an Bord kommen. Ich sah nach dem Offizier. Er lag in einer Blutlache. Dynar schien ihm den Schädel eingeschlagen zu haben. Mein Blick wanderte über das Schiffsdeck. Keiner regte sich mehr. Sie hatten alle umgebracht. Wir hatten alle umgebracht. Irgendwie musste ich den Befehl zur Vorbereitung des Ablegens gegeben haben. Viburn stand nun mit zornfunkelnden Augen auf dem Deck, ließ ablegen. Vom Hafen her rannten wehklagende Leute herbei. Die Karmothgardisten aber lachten nur, und schauten uns gut gelaunt zu, wie wir mit dem gestohlenen Schiff aus dem Hafen fuhren.
Auf dem Weg zur Küste durchsuchten wir das Schiff. Mit dem, was wir fanden, ergänzten wir unsere Ausrüstung. Später, als wir an Land gingen, vergruben wir den Rest an der Küste als Proviantlager, sollten wir unerwartet noch einmal hier vorbeikommen. Finjan hatte in der Kajüte, in der er den Kerl, der ihn mit seiner Ballista ins Bein geschossen hatte, niedergemetzelt hatte, eine Karte mit einer auffälligen Markierung darauf gefunden und eingesteckt. Ich selbst hatte mich auf die Suche nach dem Logbuch begeben und es gefunden, doch kann keiner unter uns die Sprache darin lesen. Daher habe ich es an mich genommen, um zu einem späteren Zeitpunkt herauszufinden, wen wir ermordeten, um unsere Flucht zu sichern. Außerdem stießen wir noch auf einen Flakon mit einer bläulichen Flüssigkeit, deren Eigenart uns sich ebenfalls nicht erschloss. Dies nahm ich ebenfalls an mich.
Sobald wir den von uns ausgewählten Küstenstreifen erreicht hatten, gingen wir von Bord. Ich wollte Befehl erteilen, das Schiff in Brand zu setzen, um den Toten wenigsten ein würdiges Begräbnis zu verschaffen. Viel fehlte nicht und Viburn hätte mich deswegen erschossen, zumal er sich ohnehin kaum mehr zurückhalten konnte. Er stieß mich vorwärts in den Dschungel und gab Befehl zum Aufbruch. Das Totenschiff ließ er einfach treiben, einem unbekannten Schicksal entgegen. Entgeistert starrte ich hinterher, bis er mich weiter mit sich riss und zwischen die ersten Pflanzen schleifte.
Was hatten wir getan?
Ist es Boran, die Blutige oder das Dunkel in uns, das uns fehlgeleitet hat?