[9.3] Die Musik des Dschungels

Tagebuch des Oberin Sturmbund
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[9.3] Die Musik des Dschungels
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Gespielt am: 14. September 2019

Im unterbittlichen roten Dschungel schleppt sich der Trupp dahin. Maraskan ist giftig, tödlich doch da ist noch etwas. Etwas, das tief im Herzen dieser roten Hölle wuchert…

2.BORon 33 Hal,                Dschungel von Maraskan

Dieser Ort ist eine Bestie. Sie spielt mit uns, lässt uns Augenblicke der Erleichterung, Momente der Schönheit, doch sie sind vergiftet.

In der Nacht weckte uns die Stille des Waldes aus dem ruhelosen Schlaf, dem uns der Dschungel manchmal überlässt. Eine so vollkommene Stille schien an diesem Ort gar nicht möglich. Dann entdeckten wir schreiende Gestalten, die in wilder Flucht auf uns zu hielten. Es waren fünf, fünf rote Legionäre, die um ihr Leben rannten. Dabei stachen sie sich munter gegenseitig nieder, aber ich glaube nicht, dass es diesem Abschaum etwas genützt hat, denn was da hinter ihnen herkam … Der Dschungel selbst schien in seinem Verstummen lebendig geworden zu sein, der ganze Waldboden bewegte sich, kam hinter den Männern heran und fiel über einen nach dem anderen her. Das waren die Maraskanfedern, wie Geron uns erklärte, so etwas wie ein Schwarm aus unzähligen Tausendfüßlern, die sich zusammenrollen und dann nach vorne schnellen, eben wie eine Sprungfeder. Sie fressen anscheinend einfach alles, was sich bewegt, bis auf … na wie hieß das noch, dieser Harnischträger oder so ähnlich. Warum das so ist, wird uns Gror sagen. Oder sagt es uns sein Bruder? Jedenfalls kommen die Tiere in dieser Weise nicht auf die Bäume. Damit wäre wohl erwiesen, dass es in jedem Fall hier oben sicherer ist. Von dem Roten Legionär, der unter unserem Baum fiel, war am Morgen nur noch seine Rüstung und die Knochen darin übrig. Der Dschungel selbst hatte ihn bestattet, nicht mein Problem. Wir gingen weiter. Doch es ist wahrscheinlich, dass auch uns der Dschungel so holen wird wie diese verräterische Mörderbande. Für uns hat er das gleiche Schicksal angedacht. Aber zunächst würde er uns auszehren.

Wir liefen und liefen. Als es am Mittag zu heiß wurde, rasteten wir am Teich eines Wasserfalls mit diesem Schild-, nein Harnischträger darin. Aber das muss gestern gewesen sein, wie hätte ich mich sonst daran erinnern können?

Ein Tag dieses Dschungels gleicht dem anderen, obwohl er immer einen anderen Blickfang präsentiert, alles ist rot.

Wir saßen da, fertig, alle miteinander, aber Sari Treublatt schien am Ende ihrer Kräfte zu sein. Da fragt dieser Tausendsassa von einem Neersander Emira-missabu nach einem Wanderlied und diese unglaubliche Frau schafft es doch tatsächlich, den brummeligen Neersander dazu zu bringen, ein Lied aus seiner Heimat zu brummeln. Und dann holte jemand eine Flöte heraus, und auf einmal lässt jeder sich etwas einfallen, und wir spielen, singen und tanzen alle gemeinsam auf dieser Lichtung im maraskanischen Dschungel. Welch freudvoller Moment!

Alle außer Viburn, der seine Wut kaum mehr unter Kontrolle zu haben scheint. Wir alle sind äußerst gereizt. Aber das war gestern. Oder nicht?

Heute verlässt uns Emira-missabu, um uns einen Maraskenführer zu holen. Finjan verabschiedete sich geradezu überschwänglich von ihr. Geron führt uns einstweilen weiter.

Wir haben das Sumpfland verlassen und hier scheint er sich auszukennen, obwohl er nicht darüber reden möchte.

Aber hier stimmt etwas nicht. Im Herzen Maraskans wuchert etwas, eine dämonische Bosheit. Geron zeigte uns ihre Spuren. Verwachsene, wuchernde Tiere, die Körperteile besitzen, die sie nicht haben sollten, überzählig, von der falschen Art, Übelkeit erregend. Ringsum sterben die Bäume. Das Land verändert sich. Die Menschen angeblich nicht. Aber diese Insel ist verdammt! O Göttin! Wohin sind wir geraten? Was soll Dein unwürdiger Diener hier ausrichten? Auf Menschen hat es keine Wirkung? Es wuchert doch schon in uns! Was haben wir auf dem Schiff getan? Seht Euch Viburn an, mit dem hat der Dschungel auch etwas angestellt. Seine Wutausbrüche sind ja nicht ungewöhnlich, zumal so, wie wir uns alle fühlen. Diese Hitze überall, diese permanente Feuchtigkeit, das andauernde Gezirpe! Es ist zum verrückt werden! Aber Viburn, er bemerkt Leute nicht, die vor ihm stehen, er verschwindet urplötzlich im Dschungel, taucht völlig zerkratzt wieder auf, ohne Erklärung. Wir müssen auf ihn aufpassen.

Dann haben wir die Plantagen gefunden, von denen der Diskus von Boran sprach. Es müssen diese gewesen sein. Sie sagten, hier draußen gäbe es sonst nichts. Aber wir haben nichts Lebendes gefunden, bloß mehr Wucherungen und Rote Legionäre, die als Vogelscheuchen aufgespießt wurden. Als ob in diesem Dschungel nicht ohnehin alles nach süßlicher Verwesung riechen würde? Ob das der Widerstand war? Wer hätte es sonst gewesen sein sollen. Wir schlichen eilig zwischen Reis und Tee hindurch und fühlten uns sehr unwohl, bis wir wieder in den Schutz des Dschungels eintauchen konnten. HAHA! Wie absurd!

Aber der Dschungel lehrt uns, der Dschungel ernährt uns. Die Wirkung dieser Zaubernuss, die uns drei Tage lang satt gehalten hatte, nachdem wir sie am zweiten Tag unseres Aufenthalts im Dschungel eingenommen hatten, ließ nach. Wir mussten nun nach Nahrung suchen.

Ich beging einen Fehler. Ich stieß auf diese Prachtvollen lilanen Beeren. Sie waren sehr wohlschmeckend. Bedauerlicherweise erwiesen sie sich als giftig, nicht für den Körper doch für den Geist. Ich weiß nicht, ob ich ihre konkreten Auswirkungen beschreiben könnte, selbst wenn ich wollte. Jedenfalls erzeugen sie große Euphorie, die zur Offenbarung des Göttlichen zu führen scheint, bis man selbst dem Übermut verfällt, göttlicher Natur zu sein. Die Handlungen, die man im Außen begeht, jenseits des eigenen wahnhaften Geistes, sind allerdings überaus kläglich, wie mir ausgiebig berichtet wurde. Sodann ergreift diese Kläglichkeit auch Besitz vom Geist und man fühlt sich so unwürdig, dass man darum bettelt, vom Antlitz Deres getilgt zu werden. Zumindest war es bei mir so, doch wer weiß, vielleicht bringt die Beere nur zum Vorschein, was schon in uns ist. Ich will sie die Lila-Laune-Beere heißen, denn genau das fördert sie zutage, doch halte ich es für eine Lektion in Demut, die mir die Göttin hat zuteil werden lassen. Ich glaubte, in Boran alles zurechtbiegen zu können, und war nicht aufrecht. Darum habe ich versagt. Ich habe mich unwürdig benommen und meine Schande ist nun allen offenbar. Ich sehe, wie sie mich anschauen. Ich kann nicht mehr ihr geistiger Führer sein. Das Recht habe ich verloren, ihr Vertrauen auch und meinem Glauben habe ich nicht entsprochen. Der Dschungel bringt alles zutage. Es wuchert in ihm und er zeigt uns, dass es eben so in uns wuchert, rot und schwarz.

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